In Deutschland wird insbesondere in der Schweine- und Geflügelfütterung nach wie vor ein großer Anteil des Proteinfutterbedarfs aus Importsoja gedeckt. Zum Großteil wird das Soja aus den USA, Argentinien und Brasilien importiert und ist gentechnisch verändert. Körnerleguminosen wie Ackerbohne und Körnererbse haben neben Rapsextraktionsschrot das Potential, Sojaextraktionsschrot (SES) in Futterrationen von Schweinen, Geflügel und Rindern zumindest teilweise zu ersetzen. Seit 2015 wird in verschiedenen Bundesländern Deutschlands die geförderte Agrarumweltmaßnahme „Vielfältige Kulturen“ angeboten. Diese sieht unter anderem einen verpflichtenden Anteil von mindestens 10% Leguminosen auf der Ackerfläche vor. Auf Grund dessen wurde es in den letzten Jahren auch für reine Ackerbaubetriebe ökonomisch interessant, Körnerleguminosen anzubauen. Daher besteht vermehrt ein Angebot an regional erzeugten Körnerleguminosen, welche entweder direkt zwischen Ackerbau- und Veredlungsbetrieb gehandelt, oder über den lokalen Landhandel bezogen werden können.
Neben Aspekten der Regionalität und der Gentechnikfreiheit stellt sich für Veredlungsbetriebe dann die Frage, zu welchen Preisen diese heimischen Proteinträger zugekauft werden können, ohne dabei finanziell schlechter dazustehen als beim Zukauf von z.B. SES.
Ergebnis
Etliche wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass unsere Nutztiere auch mit anderen Proteinfuttermitteln als SES, wie z.B. mit Ackerbohne, Erbse und Co, erfolgreich gefüttert werden können. Letzten Endes stellt sich für den Praktiker aber immer die Frage, ob die Substitution von klassischen Proteinlieferanten durch regional erzeugte alternative Futtermittel aus ökonomischer Sicht mindestens gleichwertig abschneidet. Auf Basis der „Austauschmethode nach Löhr“, ist es unter Berücksichtigung von Energie und Proteingehalt möglich, verschiedene Futtermittel in Form eines Substitutionswertes gegenüberzustellen. Dieser Substitutionswert gibt den Punkt an, an dem ein alternatives Futtermittel bei ca. gleichem Futterwert ebenso viel kostet wie die verwendeten Futtermittel.
Der vorliegende Artikel soll insbesondere Veredlungsbetrieben mit Rinder- und Schweinehaltung, aber auch Ackerbaubetrieben mit Körnerleguminosen eine Hilfestellung bieten, den Gleichgewichtspreis von Körnerleguminosen im Vergleich zu anderen Protein- und Energieträgern annäherungsweise zu berechnen. Mit Hilfe dieses Gleichgewichtspreises kann eine Entscheidung getroffen werden, welche Futtermittel bei gleichem Futterwert (Energie und Protein) ökonomisch vorzüglicher sind. Dies ist der Fall, wenn der tatsächliche Zukaufpreis geringer ist, als der errechnete Substitutionswert.
Benötigte Informationen
Um den Substitutionswert von Ackerbohnen und Körnererbsen mit der Austauschmethode nach Löhr berechnen zu können, müssen einige Inhaltsstoffe der zu vergleichenden Futtermittel bekannt sein. Je nachdem für welche Tierart bzw. Nutzungsform der Einsatz von Ackerbohne und Körnererbse in Erwägung gezogen wird, sind dies für Energie bzw. Protein folgende (Tabelle 1).
Im besten Fall liegen diese Parameter konkret in Form von Analyseergebnissen für die jeweiligen Futtermittel vor. Die Nutzung von Standardwerten birgt relativ große Ungenauigkeiten, da es zwischen verschiedenen Partien einer Futtermittelart große Schwankungen geben kann. Außerdem müssen die Zukaufspreise der zu vergleichenden Futtermittel bekannt sein. Wenn in den Preisen die Transportkosten nicht enthalten sind, müssen diese noch dazugerechnet werden. Da Ackerbohnen im Vergleich zu SES noch geschrotet bzw. gemahlen werden müssen, bevor sie verfüttert werden können, sind die dafür anfallenden Kosten zu berücksichtigen. Müssen für die alternativen Futtermittel gesonderte Lagermöglichkeiten geschaffen werden, sind auch diese Kosten anteilig zu bewerten.
Berechnungshilfen
Für die Berechnung des Substitutionswertes gibt es einige frei verfügbare Anwendungen auf Excel-Basis, die aus dem Internet heruntergeladen werden können. Relativ vielseitig in Bezug auf Tierarten ist die Excel-Anwendung „Vergleichswert Futter -Substitutionswerte von Futtermitteln“ der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum Schwäbisch Gmünd (LEL), welche auf folgender Seite zum Download zur Verfügung steht: https://lel.landwirtschaft-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Unsere+Themen/Tierhaltung.
Dort können die verschiedensten Futtermittel ausgewählt und gegenübergestellt werden. Das Programm gibt für ein ausgewähltes Futtermittel, z.B. Ackerbohne, den Substitutionspreis im Vergleich zu zwei Vergleichsfuttermitteln an, in der Regel einem Protein- und einem Energielieferanten wie z.B. SES und Weizen. Außerdem wird errechnet, wie viel von dem bisher eingesetzten Futtermittel durch 100 kg des alternativen Futtermittels ersetzt werden kann.
Beispielrechnungen
Im Folgenden sollen zwei Beispielszenarien unter verschiedenen Preiskonstellationen exemplarisch vorgestellt werden. Tabelle 2 enthält die für die Berechnung notwendigen und später verwendeten Inhaltsstoffgehalte der verglichenen Futtermittel.
In Tabelle 3 werden für eine Rindermastration Ackerbohnen mit SES und Weizen verglichen.
In Tabelle 4 werden für eine Schweinemastration Körnererbsen mit SES und Gerste verglichen. Der Substitutionswert ist der Wert des alternativen Futtermittels, der durch den Wert des bisher verwendeten Futtermittels, das es ersetzt, bestimmt wird. Wenn der berechnete Substitutionswert des alternativen Futtermittels höher ist als sein aktueller Marktpreis, einschließlich Transport und Verarbeitung (z. B. zu Schrot), senkt seine Verwendung die Kosten im Vergleich zur Verwendung der etablierten Standardfutterkomponente.
Zum besseren Verständnis ein Beispiel anhand des Szenarios aus Tabelle 3:
- Eingesetzte Futtermittel: Weizen (15 €/dt) und SES (40 €/dt)
- Alternatives Futtermittel: Ackerbohne (Zukaufspreis 22 €/dt + 2 €/dt Transport und Aufbereitung=24 €/dt)
- Substitutionswert alternatives Futtermittel Ackerbohne laut Tabelle 3: 26,80€/dt.
Ergebnis: Das alternative Futtermittel Ackerbohne erscheint nach der Berechnung mit 24 €/dt günstiger als der eingesetzte Weizen und das SES, da der Substitutionswert mit 26,80€/dt über dem tatsächlichen Zukaufspreis (inklusive Transport und Aufbereitung) liegt.
Grenzen der Methode
Die vorgestellte Methode berücksichtigt die zwei Fütterungsparameter Energie- und Proteingehalt von Futtermitteln. Neben diesen Parametern spielen aber auch viele weitere, wie zum Beispiel Rohfasergehalt, Verdaulichkeit, Pansenbeständigkeit usw. eine wichtige Rolle in der optimalen Rationsgestaltung. Außerdem werden in der Regel noch viele weitere Futtermittel in einer Ration eingesetzt, welche sich gegenseitig beeinflussen und ergänzen. Daher ist es auf jeden Fall sinnvoll, im Anschluss an die Errechnung des Substitutionswertes auch eine detaillierte Rationsberechnung mit dem alternativen Futtermittel zu erstellen, um dieses letztlich korrekt zu bewerten und eine Entscheidung treffen zu können.
Hinweise für die Praxis
Um Ackerbohne und Körnererbse als alternatives Futtermittel ökonomisch bewerten zu können, muss ein Substitutionswert zum Vergleich zu den bisher eingesetzten Futtermitteln errechnet werden. Hierfür müssen die Energie- und Eiweißgehalte der Futtermittel, die Zukaufpreise und eventuelle Transport- und Aufbereitungskosten bekannt sein. Die eigentliche Berechnung kann mittels frei verfügbarer Rechenanwendungen durchgeführt werden. Ist der Zukaufpreis alternativer Futtermittel inklusive Transport und Aufbereitung geringer als der errechnete Substitutionswert, wird deren Einsatz ökonomisch interessant und sollte dies mit einer detaillierten Rationsberechnung weiter überprüft werden.
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